Mit Chiropraktik Schwangerschaftsbeschwerden und Beckenendlagen kurieren?

Ein Experteninterview.

Seit ich vor einigen Jahren, nach einem Unfall mit Schleudertrauma, die Chiropraktik als Behandlungsmethode kennengelernt habe, bin ich ganz begeistert davon. Inzwischen weiß ich auch, dass Chiropraktoren ebenfalls sehr erfolgreich Schwangere bei verschiedenen Beschwerden und sogar Neugeborene behandeln. Damit auch ihr von diesem Wissen profitieren könnt, habe ich für euch die Chiropraktorin Laura Groom – Master of Chiropractic, D.C – interviewt.
Laura kommt aus Sydney in Australien und ist vor drei Jahren nach Berlin gezogen. In vielen englischsprachigen Ländern ist die Chiropraktik schon lange bekannt, etabliert und fester Bestandteil des Gesundheitswesens, so dass Laura bereits als Baby ihre ersten Erfahrungen am eigenen Leib machen konnte. Sie hatte nach der Geburt einen völlig schiefen Schädel, wovon man heute allerdings nichts mehr sieht.

Jana: Laura, kannst du uns Chiropraktik bitte kurz erklären?
Laura: “Chiropractic” wird abgeleitet aus dem griechischen “cheir” und “praktikis”, was soviel bedeutet wie “mit der Hand getan”. Wir verwenden also verschiedene Handgriffe, Druck- und Zugtechniken und spezielle Manipulationen. Dabei wird das betroffene Gelenk in der Wirbelsäule mit einem kleinen Impuls so bewegt, dass die Gelenkflächen voneinander gelöst werden. Diese Manipulationen bewirken die Behebung von diversen Funktionsstörungen des Bewegungsapparates. So sorgt die moderne Chiropraktik für eine optimale Funktion der Wirbelsäule und des Nervensystems. Chiropraktoren diagnostizieren und behandeln mechanische Probleme der Gelenke, Muskeln, Sehnen und Bänder, sowie die Auswirkungen, die diese auf die Funktion des Nervensystems haben können.

Jana: Ungefähr 60% aller Schwangeren leiden unter Schmerzen im unteren Rücken. (1) Kannst du mit Deiner Behandlung etwas dagegen tun?
Laura: Ja, unsere Behandlungen helfen sehr gut gegen Schwangerschaftsleiden wie z.B. Rückenschmerzen, Symphysenschmerzen (Schmerzen am Schambein), Schmerzen und Steifheit an Nacken und Schultern, in den Hüften. Forschungsergebnisse zeigen, dass eine chiropraktorische Behandlung während der Schwangerschaft viele Vorteile bringt. Sie verringert das Maß an Interventionen während der Geburt. Der Bedarf an  Schmerzmitteln sinkt und die Geburtsdauer wird verkürzt. (2)

Jana: Ungefähr 5% aller Babys liegen zur Geburt in Beckenendlage (mit dem Kopf nach oben). Diese Lage ist zwar geburtsmöglich, aber mit gering erhöhtem Risiko behaftet. Es gibt verschiedene Möglichkeiten das Kind zur Wendung zu bewegen. (z.B. Indische Brücke, Moxen) Wie kannst du die Lage des Kindes positiv beeinflussen?
Laura: Ich bin in der Webster-Technik ausgebildet. Bei dieser Art der Justierung wird gezielt das Kreuzbein der werdenden Mutter in die richtige Position gebracht und die entsprechenden Mutterbänder gedehnt. Als Konsequenz verhindert dies die Verdrehung der Gebärmutter, so dass das Baby eine optimale Lage für die Geburt einnehmen kann. Häufig dreht sich das Baby nach der Behandlung selbst von der Steiß- in die Schädellage. (3)

Jana: Manche Babys kommen lage- oder geburtsbedingt etwas „schief“ auf die Welt. Man sieht das zum Beispiel daran, dass sie eine Seite bevorzugen und ihren Kopf nicht gerne in die andere Richtung drehen. Was machst du mit diesen Kindern? Ist die Behandlung schmerzhaft?
Laura: Man kann solche Babys auch an ihrem platten Schädel erkennen.
Zuerst befrage ich die Eltern zum Geburtsverlauf. Dann mache ich einen Check, um zu sehen, ob das Baby bei mir richtig ist und nicht zum Kinderarzt muss. Dann erfolgt eine Untersuchung der Beweglichkeit. Die anschließende Behandlung ist sehr sanft und erfolgt meistens nur mit meinen Fingerspitzen. Den Druck, den ich dabei ausübe, würde man auch am Augapfel noch gut tolerieren können. Die meisten Babys finden die Behandlung richtig schön und sind dabei ganz ruhig.

Jana: Welche Art von Problemen behandelst du noch?
Laura: Wir behandeln vor allem „Schreikinder“, Kinder mit Schiefhals, mit KISS-Syndrom und Kinder, die Probleme mit dem Trinken, vor allem mit dem Schlucken haben. (4)

Jana: Ich denke, es ist inzwischen sehr anerkannt, Babys einem Osteopathen vorzustellen. Ist die Chiropraktik damit verwandt!? Was ist der Unterschied, oder was macht Chiro anders?
Laura: Erst einmal bedeutet sowohl Chiropraktik, als auch Osteopathie, und auch manuelle Therapie im Grunde das Selbe. Nämlich, das Behandeln mit den Händen. Der Unterschied liegt darin, wer behandelt und wie behandelt wird. Chiropraktoren absolvieren ein schulmedizinisches Grundstudium und sind somit in der Lage, Diagnosen zu erstellen, die insbesondere bei schwerwiegenden Problemen zu einer Überweisung zum Facharzt führen können. Man sollte unbedingt darauf achten, einen Chiropraktoren nicht mit Chiropraktikern oder Chirotherapeuten zu verwechseln, wie sie unter Heilpraktikern oft anzutreffen sind – hier gibt es erhebliche Unterschiede in der Ausbildungs- und Behandlungsqualität.

Jana: Was kostet die Behandlung? Wird sie von der Krankenkasse übernommen?
Laura: Für Kinder unter 3 Jahren kostet der Erstbesuch 65,- €. Alle folgenden Behandlungen kosten 45,- €.  Für Erwachsene sind es 85,- € beim Erstbesuch und 65,- € bei weiteren Behandlungen. Die Kosten werden von fast allen privaten Krankenkassen übernommen. Bei gesetzlichen Krankenkassen lohnt es sich nachzufragen. Einige bezuschussen die Behandlungen.

Jana: Wie viele Behandlungen sind in der Regel nötig?
Laura: Im Durchschnitt braucht man vier bis sechs Behandlungen. Das kommt sehr darauf an. Bei Kindern ist es so: Je jünger die Kinder sind, umso schneller geht es.

Jana: Hast du einen Tipp, den du gerne allen Schwangeren mit auf den Weg geben würdest?
Laura: Schwangere sollten so viel wie möglich krabbeln! Das macht mehr Platz für das Baby, nimmt die Belastung vom Rücken weg und befreit das Becken.

Jana: Liebe Laura, vielen Dank für dieses Interview.

Laura arbeitet im Chiropraktikzentrum Berlin.  Eine/n Chiropraktor/in in eurer Nähe findet ihr bundesweit unter: www.chiropraktik.de

Quellenangaben:

(1): www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/16399602
(2): europepmc.org/abstract/MED/1826921
(3): www.chirobase.org/06DD/webster.htm
(4): Cochrane Studie zur chiropraktorischen Behandlung von Babys

 

 

Jede Frau hat das Recht auf eine positive, selbstbestimmte Geburtserfahrung. Seit ich Hebamme geworden bin verhelfe ich Frauen dazu.
Ich bin Jana Friedrich, Mutter von zwei Kindern, Hebamme seit 1998 (und seit September 2020 mit B. Sc. of Midwifery), Bloggerin seit 2012, Autorin zweier Bücher, Speakerin und Expertin im Themenbereich Familie. Mit meiner Expertise unterstütze ich darüber hinaus auch Kulturschaffende, Firmen und Politiker*innen.
In diesem Blog teile ich mit dir mein Wissen und meine Erfahrung rund um Schwangerschaft, Geburt, Wochenbett und das erste Jahr mit Baby.
Du bekommst bei mir Informationen, Beratung und „Zutaten“ zur Meinungsbildung für eines der spannendsten Abenteuer des Lebens.

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